Vorsitzende des BVBB beantwortet wichtige Fragen zum Flughafen- BER und Tegel

Der Redakteur Peter Neumann (Berliner Zeitung) hat auf seine Fragen von der Vorsitzenden des BVBB, Christine Dorn, schriftlich die folgenden Antworten erhalten:

Die Koalition und der Senat sorgen sich um die TXL-Anwohner, die großemLärm ausgesetzt seien. Wie sehen Sie das als SXF/BER-Anwohnerin?

Die Koalition und der Senat sorgen sich offensichtlich nur darum, dass ihnen der Planfeststellungsbeschluss des BER möglichst nicht doch noch um die Ohren fliegt. Daher ist die Argumentation für die Tegel-Schließung sehr durchsichtig politisch geleitet und um die Anwohner geht es dabei allenfalls nachrangig.

Wem der BVBB abkaufen soll, er würde sich um die Gesundheit von Flughafenanwohnern sorgen, der muss zeigen, dass seine Sorge universell gilt. Unübersehbar wird hier aber sowohl vom Senat als auch von der Berliner Regierungskoalition sehr selektiv allein gegenüber Tegel-Anwohnern Besorgnis gezeigt. Nur diese werden oberhalb eines LDEN > 55 dB(A) als Schwerbetroffene gezählt, die dringend der Entlastung bedürfen.

Gleich stark betroffene BER-Anwohner werden gar nicht erst erwähnt, denn dahin soll der Fluglärm ja verschoben und der BER nun auch noch stark erweitert werden. Als Lärm-Müllhalde stellen sich aber weder die Treptow-Köpenicker noch die Brandenburger BER-Anwohner zur Verfügung.

Wie Dilek Kolat kürzlich die Notwendigkeit der Tegel-Entlastung mit Gesundheitsargumenten ausführlich begründete, am BER aber nicht die gleichen Maßstäbe anlegen will, weil die Zahl der Anwohner rund um den BER in Schönefeld „um ein Vielfaches“ kleiner sei, ist einer Gesundheitssenatorin unwürdig.

Vielleicht helfen ihr zwei Sätze des Bundesverwaltungsgerichtes zu eben diesem Vergleich zwischen Tegel und BER, die noch immer wahr sind:

  • Die im Vergleich mit Tegel geringere Anwohnerzahl kann nicht über die Lärmprobleme hinwegtäuschen, die durch das Planvorhaben am Standort Schönefeld aufgeworfen werden. Bei der Gegenüberstellung wird außer Acht gelassen, dass die am BER betroffene Gruppe zwar kleiner, das dieser Gruppe abverlangte Opfer aber merklich größer ist, da die für die Situation in Tegel charakteristischen Nachtflugbeschränkungen, die ein hohes Maß an Nachtschutz gewährleisten, in Schönefeld nicht zum Tragen kommen sollen. (siehe Rn. 285 BVerwG 4 A 1075.04)

In Tegel gab es 2016 insgesamt 756 Flugbewegungen zwischen 23 und 6 Uhr. Am BER sind Flüge von 23-24 Uhr und 5-6 Uhr bisher nur über eine gewichtete sog. Nachtverkehrszahl von 12.852 limitiert.

Was empfehlen Sie: Wie sollen die Menschen im SXF/BER-Lärmbereich bei dem Volksentscheid votieren?

Flughäfen sind im Ballungsraum Berlin nicht mehr zeitgemäß, das gilt sowohl für die Neu-Eröffnung des BER als auch für einen Weiterbetrieb von Tegel.

Die richtige Antwort ist bereits im Raumordnungsverfahren gegeben worden (Sperenberg = geeignet , Schönefeld = ungeeignet).

Solange die Landesregierungen der beiden Länder Berlin und Brandenburg keine mittelfristige Luftverkehrsplanung zur Entlastung des Ballungsraumes Berlin vorlegen, darf sich die Politik nicht wundern, wenn die Bürger ihren kurzfristigen Interessen entsprechend entscheiden.

Die Koalition und der Senat argumentieren, dass der BER ausgebaut wird und eine ausreichende Kapazität bekommt. Für die Anwohner ist damit absehbar, dass die Fluglärmbelastung zunimmt. Wie bewerten Sie das?

Müssen Schönefeld-Anwohner allen Ernstes darlegen, dass sie nicht etwa robuster sind, als Tegel-Anwohner und dass ihr Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit eben gerade nicht unter Wirtschaftlichkeits-Vorbehalt gestellt werden darf? Wenn inzwischen selbst im Berliner Senat bekannt ist, dass Lärm die kognitive Leistungsfähigkeit von Kindern beeinträchtigt, dann spricht allein schon dieses eine Argument strikt dagegen, der BER auch noch auszubauen! Möglicherweise würde bei weiterem Ausbau nicht der Lärm im Vordergrund stehen, sondern Schadstoffe und lungengängige Ultrafeinstaubpartikel. Der ungeeignete Standort wird 4-6 Mrd. Euro später nicht auf einmal für die doppelte Kapazität geeignet! ALLE Argumente, die für die Schließung Tegels sprechen, sprechen gleichermaßen gegen ein Festhalten am ungeeigneten und verkorksten BER: Gesundheit, Sicherheit, wertvolles Wohnbauland, Raum für Arbeit und Erholung, Lebensqualität, fehlende Kapazität, fehlende Entwicklungsmöglichkeiten, fehlende Nachhaltigkeit, fehlende Umweltkapazität. Die fehlende Wirtschaftlichkeit und fehlende Funktionalität hat nur der BER, dafür aber in ganz besonderer Ausprägung.

Politik sollte verlässlich sein? Das findet der BVBB schon lange! Doch das Ergebnis des Raumordnungsverfahrens wurde missachtet. Der BER wurde weder termingerecht, noch mit bedarfsgerechter Kapazität, noch funktionstüchtig hergestellt, bei den Kosten ist kein Ende in Sicht. Es wurde extra eine Lex Tegel geschaffen, um die Tegelanwohner beim Schallschutz viele Jahre hinhalten zu können, dann musste erst ein Gericht den Bürgern helfen, das rechtswidrige Handeln der Planfeststellungsbehörde und der Flughafengesellschaft beim BER-Schallschutz zu beenden und wirklich ausgestanden ist das Thema noch immer nicht. Dann musste die Bauordnung Brandenburg geändert werden, damit die Terminal-Baugenehmigung nicht ausläuft. Bereits 27 mal wurde der BER-Planfeststellungsbeschluss auf Antrag der FBB geändert. Und nun soll mit dem Masterplan 2040 die Projektgröße des BER doch noch verwirklicht werden, die im Planfeststellungsverfahren ausdrücklich verworfen worden war, damit der Standort Schönefeld überhaupt genehmigungsfähig erschien.

-_-_-_

Dies schrieb die Berliner Zeitung hierzu:

http://www.berliner-zeitung.de/berlin/ber-anwohner-sind-veraergert-verkommt-berlins-suedosten-zur-laerm-muellhalde–28407696?dmcid=nl_20170914_28407696

 

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