Für den Flughafen BER soll in den nächsten Tagen die Bauordnung geändert werden + + Nachteile für Häuslebauer erwartet

Bauanträge werden teurer

Steigerungen um bis zu 40 Prozent möglich / Dafür Einsparungen bei der Statikprüfung

Die Gebühren für Bauanträge in Brandenburg sollen mit der Überarbeitung der Bauordnung deutlich steigen. Dafür will das zuständige Ministerium die Kosten bei der Statikprüfung für Bauherren senken. Prüfingenieure und Architekten warnen vor mehr Baumängeln.

Die Bearbeitung von Bauanträgen sei in den vergangenen Jahren für die Kommunen durch neue Bauvorschriften und die Tarifsteigerungen immer teurer geworden, erklärte Peter Paul Humpert, Geschäftsführer des Landkreistages, am Mittwoch. Ursprünglich wollte das Land deshalb die Kostensteigerungen in Höhe von zehn Millionen Euro jährlich aus dem Haushalt erstatten. Davon sei inzwischen keine Rede mehr, heißt es in der rot-roten Koalition.

In der neuen Bauordnung, die kommende Woche das Kabinett passieren soll, wird deshalb den Kreisen und kreisfreien Städten die Möglichkeit eingeräumt, die Gebühren um bis zu 40 Prozent anheben zu können. Bauministerin Kathrin Schneider (SPD) erklärte am Mittwoch auf Nachfrage dazu, dass für die Bauherren von Ein- und Zweifamilienhäusern an anderer Stelle Einsparungen ermöglicht werden sollen.

Vorgesehen ist, dass das sogenannte Vieraugenprinzip bei der Berechnung der Statik – einen Experten zur Berechnung, einen zur Kontrolle – nicht mehr in der Bauordnung verankert sein soll. Damit könnten die höheren Gebühren für Bauherren von Eigenheimen kompensiert werden, sagte die Ministerin.

Matthias Krebs, Präsident der Brandenburgischen Ingenieurkammer, räumte ein, dass Brandenburg als letztes Land noch das Vieraugenprinzip festgeschrieben hat. Allerdings sei Nordrhein-Westfalen gerade dabei, zu dieser Regelung zurückzukehren. Er warnte davor, dass künftig überhaupt keine Statiker und Ingenieure mehr während der Bauphase von Ein- und Zweifamilienhäusern das Baugeschehen überwachen.

„Mit diesen Einsparungen werden eine Menge Mängel eingekauft“, sagte Krebs. Wenn niemand mehr darauf achte, dass die Bewehrungen richtig liegen, sei mit Rissen und undichten Stellen zu rechnen. Letztendlich werde künftig noch mehr Geld für juristische Auseinandersetzungen rund um Baumängel aufzubringen sein, prophezeite der Ingenieur.

Der Landkreistag sieht derweil ein anderes Problem. Laut Humpert wurde für das vergangenen Jahr errechnet, wie hoch der Zuschuss der Kreise für die Bearbeitung der Bauanträge tatsächlich ist. Das Defizit liege demnach nicht bei zehn, sondern bei knapp 20 Millionen Euro. Der Landkreistag fordert deshalb die volle Kostenerstattung durch das Land.

Die Bauordnung wird überarbeitet, weil die Baugenehmigung für den Flughafen BER nach sechs Jahren abzulaufen droht. Die Gültigkeit soll mit der Gesetzesnovelle verlängert werden können.

Quelle: http://www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/1444647

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Statik als Vertrauenssache

Das Land und die Kommunen streiten sich um die Kosten für Baugenehmigungen. Der Finanzminister will offensichtlich nicht den Millionenbetrag übernehmen und so verfällt die Landesregierung auf den Trick, den Bürger stärker zur Kasse zu bitten. Der Bauwillige soll tiefer in die Tasche greifen.

Ob das das richtige Signal ist, angesichts gerade erhöhter Grunderwerbssteuern und der Aussage, dass Brandenburg auf Zuwanderung aus Berlin und den alten Bundesländern setzt, scheint fraglich. Um die Bauherren nicht zu verprellen rechnet das Bauministerium deshalb vor, dass künftig an anderen Stellen gespart werden kann – bei den ingenieurtechnischen Leistungen.

Kann man auf einen zweiten Statiker verzichten? In den 15 anderen Bundesländern, die das so praktizieren, ist das Abendland nicht untergegangen. Allerdings geht ein Stück Sicherheit für den Bauherren verloren – und sei es nur das subjektive Sicherheitsgefühl. Wird also künftig derjenige, der es sich leisten kann, doch die zusätzliche Ingenieurleistung einkaufen? Und der Bauherr, der knapper kalkulieren muss, mehr Vertrauen in die Erfahrung der ausführenden Firmen aufbringen müssen? Konfliktfrei wird die neue Bauordnung jedenfalls nicht eingeführt.

Quelle: http://www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/1444508
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