Da immer mehr Menschen im Internet bestellen, investieren Paketzusteller wie UPS, um noch schneller per Luftfracht zu liefern, auch in NRW. Aber damit nehmen vor allem die Nachtflüge zu – mit teilweise sehr lauten Maschinen.
Mehr als 400.000 Tonnen Fracht wurden im vergangenen Jahr auf den Flughäfen in Nordrhein-Westfalen bewegt – Tendenz steigend. Fast 90 Prozent davon am Flughafen Köln/Bonn. Den extremen Güterverkehr in Wahn macht eine Nachtflugerlaubnis möglich. Für die einen ein lukrativer Wirtschaftszweig, für andere ein erhebliches Gesundheitsrisiko.
Film: http://www1.wdr.de/fernsehen/ratgeber/markt/sendungen/fluglaerm-frachtfluege100.html
Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Von Konzentrationsstörungen über Depressionen bis hin zu erhöhtem Herzinfarkt- oder Schlaganfallrisiko – die Liste der möglichen Folgen von Fluglärm ist lang. Erst im vergangenen Jahr legte die II. Medizinische Klinik und Poliklinik der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz eine Studie vor die belegt, dass Fluglärm zu erheblichen Gefäßschädigungen bei Herzpatienten führe. Nach Angaben des Direktors der Klinik, Univ.-Professor Dr. Thomas Münzel, wurde die Studie bereits nach 60 von 100 Probanden abgebrochen, da die Ergebnisse so eindeutig gewesen seien. In der Studie wurden Patienten einer koronaren Herzerkrankung während des Schlafs mit simuliertem Nachtfluglärm beschallt. Die Wissenschaftler stellten fest, dass sich die Gefäßfunktion durch den Lärm verschlechtere, unabhängig davon, ob sich die Patienten über die Beschallung ärgerten, oder nicht. Eine ältere Studie der Universität hatte bereits ergeben, dass der Lärm auch bei gesunden Patienten zu einer Gefäßschädigung führe.
Nach Ansicht der Wissenschaftler muss nächtlicher Fluglärm als erheblicher Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen gewertet werden – ein Faktor, dem der Patient ausgeliefert ist.
Bürgerinitiativen gehen gegen die Nachtflüge in Köln/Bonn vor.
Doch nicht nur Herz-Kreislauf-Patienten sind gefährdet. Bereits 2012 hatte die Uniklinik Mainz Depressionen sowie Konzentrationsschwierigkeiten und Einschränkung der kognitiven Fähigkeiten als Folge von Fluglärm angeprangert. Der Bremer Epidemiologe Professor Dr. Eberhard Greiser hatte in einer Fallstudie 2012 einen Zusammenhang zwischen einem erhöhten Brustkrebs- sowie Leukämie-Risiko und Fluglärm aufgezeigt. Nach seiner Auffassung könnten durch Fluglärm bedingte Schlafstörungen zu einer schlechteren Immunabwehr führen.
Bürgerinitiativen gegen Fluglärm
Kein Wunder also, dass immer mehr Menschen gegen den Fluglärm mobil machen und in Bürgerinitiativen gegen die Beschallung und den Flughafenausbau klagen. Und das zum Teil mit Erfolg. Viele Jahre haben einige Flughäfen in Deutschland immer wieder Passagen des Areals in Einzelmaßnahmen ausgebaut, um so Zulassungsverfahren und Umweltverträglichkeitsprüfungen zu umgehen. Aufgrund eines fehlenden Gutachtens des Flughafens Köln/Bonn klagte zum Beispiel eine Bürgerinitiative erfolgreich gegen die Nutzung neuer Stellflächen. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster wertete das Vorgehen des Flughafens als rechtswidrig. Das Land NRW legte zwar Revision ein, doch die Ansicht des OVG wurde von dem Bundesverwaltungsgericht bestätigt. Demnach könnten Kläger bis zur Erteilung aller erforderlichen Genehmigungen das Stilllegen der betroffenen Areale erwirken.
Gerade nachts ist die Lärmbelastung besonders schlimm.
Erfolglos blieb dagegen eine Klage gegen die Nachtflugregelung. Anwohner aus Siegburg und Lohmar waren der Meinung, dass es für den Flughafen beim Bau keine ordnungsgemäße Planfeststellung gegeben habe und deshalb auch keine ordnungsgemäße Betriebserlaubnis vorliege. Die Klage wurde vom OVG Münster abgewiesen und eine Revision ausgeschlossen.