Rund um den Flughafen – Eiertanz der Brandenburger SPD

Die Brandenburger SPD kämpft neuerdings für den ungestörten Nachtschlaf der Flughafen-Anwohner. Tatsächlich hat die SPD in den 20 Jahren, die sie an der Macht ist, sämtliche Gelegenheiten verstreichen lassen, für ein weitergehendes Nachtflugverbot zu sorgen. Was treibt die Partei? Und was treibt sie auseinander?

Anmoderation
Ein paar Monate länger hin ist es für die Brandenburger noch bis zur Landtagswahl im Herbst. Und auch wenn wohl kaum ein Politiker derzeit mit dem BER-Flughafen punkten kann, versucht es die Brandenburger SPD gleichwohl. Sie kämpft – neuerdings – für den ungestörten Nachtschlaf von Flughafen- Anwohnern. Ein Anliegen, das ihr bislang wohl eher schnurzpiepegal war. Ob das mit dem Wahlkampf zu tun hat? Jana Göbel.

Wer den satten Sound einer Passagiermaschine so richtig genießen will, sollte Ulrich Ebel auf seinem Grundstück in Blankenfelde-Mahlow treffen. Der SPD-Mann wehrt sich gegen noch mehr Lärm vom Flughafen BER. Und steht da gegen seine eigene Partei.

In Brandenburg hat die SPD die Macht. Seit 20 Jahren tut sie alles für diesen Flughafen. Und fast genau so lange demonstrieren die Anwohner gegen Fluglärm.
Doch dann wechselt die SPD-Führung überraschend die Seite.

Dietmar Woidke (SPD)
Ministerpräsident Brandenburg
Am 2.4.2014
„Die von mir geführte Landesregierung will mehr Nachtruhe für die Brandenburgerinnen und Brandenburger.“

Die Brandenburger SPD sorgt sich plötzlich um den Schlaf der Anwohner? Wahltaktik, vermutet der Landtagsabgeordnete Christoph Schulze aus Teltow-Fläming. Jahrelang hatte er sich mit seiner Partei, der SPD, wegen der Lärmbelastung angelegt. Bis er den Kurs der SPD-Führung nicht mehr mit tragen wollte und 2011 aus der Partei austrat.

Christoph Schulze (Bündnis 90/Die Grünen)
Landtagsabgeordneter
„Die SPD stellt seit 1990 den Ministerpräsidenten, den Verkehrsminister, den Umweltminister. Ich wüsste jetzt nicht, wer jemals mehr Macht hatte als die SPD in diesem Land hier. Und dann zu sagen, wir konnten nichts tun, wir können nichts tun, ist ja lächerlich.“

Schulze ist jetzt bei den Grünen. Viele Jahre hatte er zu den SPD-Genossen aus den Flughafen-Gemeinden gehört, die das Thema Fluglärm immer wieder ansprachen.

Christoph Schulze (Bündnis 90/Die Grünen)
Landtagsabgeordneter
„Es gab genügend Möglichkeiten, innezuhalten, nachzudenken, die Positionen zu überprüfen, abzuklopfen: Stimmt das jetzt hier noch? Kann das so funktionieren? All die Fragen, die heute gestellt werden, die sind ja schon damals gestellt worden, nur sie wollten nicht gehört werden. Weil es gegen die politische Linie war.“

Die Regierungspartei SPD behält diese Linie all die Jahre bei.
1996 sagt sie „Ja“ zum Standort Schönefeld.
1999 akzeptiert sie den 24 Stunden-Betrieb.
2006 hält sie am Flughafen fest, trotz gerichtlich verordneter Nachtruhe.

Ulrich Ebel (SPD)
Blankenfelde-Mahlow
„An der Stelle hätten eigentlich diejenigen, die dauernd gesagt haben: ‚Wir brauchen unbedingt den Nachtflug, wir sind die Hauptstadt. Und unsere industrielle und ökonomische Basis, die braucht den Nachtflug.‘ Die hätten dann an der Stelle sagen müssen: ‚Leute, wenn wir fünf Stunden Nachtflugverbot haben, dann können wir es an der Stelle nicht mehr realisieren.'“

Doch die brandenburgische SPD will den Flughafen realisieren und bleibt auf Kurs. Bis 2013. Da plötzlich entdeckt sie das Thema Nachtruhe für sich. Mehr als 100.000 Unterschriften für ein Volksbegehren haben das wohl bewirkt. Aber redet die SPD dem Wähler nur nach dem Mund oder will sie wirklich für mehr Nachtruhe streiten?

Klara Geywitz (SPD)
Generalsekretärin SPD Brandenburg
„Also es gibt eine klare Positionsänderung der SPD Brandenburg. Bis zum Februar 2013 haben wir keine Notwendigkeit gesehen, den jetzt festgestellten Planfeststellungsbeschluss in Frage zu stellen, der war ja auch vom höchsten Gericht bestätigt. Wir haben dann aber vor dem Hintergrund von 100.000 Brandenburgern, die unterschrieben haben für mehr Nachtruhe, gesagt: ‚Okay, die Betroffenheit in der Region ist so groß, das müssen wir ernst nehmen, auch als Regierungspartei‘, und haben uns den Forderungen angeschlossen.“

Zu spät, nur fünf Stunden Nachtruhe für den BER sind mit Berlin und dem Bund inzwischen vertraglich festgeklopft. Der neue Ministerpräsident Woidke kann jetzt nur noch um mehr Nachtruhe bitten. Erwartungsgemäß stößt er auf Ablehnung. Immerhin kann er nun sagen: „Ich habe es doch versucht.“ Wie ehrlich sind die Bemühungen des neuen SPD-Ministerpräsidenten um den Nachtschlaf?

Christoph Schulze (Bündnis 90/Die Grünen)
Landtagsabgeordneter
„Herr Woidke kämpft jetzt erstmal als SPD-Landesvorsitzender und amtierender Ministerpräsident für die SPD, für seine Partei und seinen Machterhalt.“

Doch in den Flughafengemeinden hoffen die SPD-Genossen weiter, dass ihre Partei in Sachen Nachtflug die Macht zurückerobert. Sie werden das Thema an diesem Wochenende auf dem SPD-Parteitag wieder vorbringen.

Abmoderation
Bevor es aber zu Nachtflügen kommen kann, müsste ja überhaupt erst mal was fliegen…

Beitrag von Jana Göbel

Quelle:  www.rbb-online.de/klartext

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort auf Rund um den Flughafen – Eiertanz der Brandenburger SPD

  1. BVBB e.v. sagt:

    BVBB-WG: Ohne Nachtflugverbot keine Änderung der Bauordnung für den BER!

    Am 31.03.14 stand der Flughafenkoordinator der Landesregierung, Staatsekretär Rainer Bretschneider (SPD), den Bürgern von Blankenfelde-Mahlow Rede und Antwort zum Pleiteflughafen BER.

    Bretschneider machte schnell klar, dass es keine Ausweitung der Nachtruhe am BER geben wird, so wie es das erste erfolgreiche Volksbegehren in der Geschichte Brandenburgs fordert. Schuld daran wären angeblich das egoistische Berlin, das zwar die Vorteile des BER für sich beansprucht, alle Lasten aber nach Brandenburg abschieben will, sowie der Bund. Nach Bretschneider hätten mehrere Gutachten ergeben, dass ein Alleingang des Landes beim Nachtflug rechtlich nicht möglich sei. “Uns
    fehlen die Druckmittel gegenüber Berlin oder sollen wir etwa den Berlinern den Zutritt zum Spreewald sperren?” um die beiden anderen Eigentümer zum Einlenken zu bewegen, so der Staatsekretär.

    Gerrit Schrader von der BVBB-WG stellt dazu fest:
    Mit den fadenscheinigen Ausreden der rot-roten Landesregierung ist es nun vorbei. Denn spätestens am 23.11.16 läuft die Baugenehmigung für das BER-Terminal ab. Bis dahin muss der Bau durch die Aufsichtsbehörde abgenommen worden sein. Wird die Frist nicht gehalten, muss der Flughafen einen neuen Bauantrag stellen. Alle Zeichen deuten darauf hin, dass es so kommen wird. Das aber wäre der Todesstoß für den BER, da dann das Terminal nach neuen Vorschriften und Normen komplett umgebaut werden müsste.

    Um das zu vermeiden, plant die Landesregierung die Brandenburger Bauordnung nur für den BER anzupassen. Schrader fordert von Potsdam, die Anpassung der Bauordnung vom Entgegenkommen der Miteigentümer beim Nachtflugverbot abhängig zu machen. Brandenburg muss Berlin und dem Bund klar machen, dass es ohne ein echtes Nachtflugverbot, kein Änderung der Bauordnung für den BER geben kann. Die geplante Änderung ist genau das Druckmittel, über dessen Fehlen Bretschneider noch vor kurzem in Blankenfelde-Mahlow lamentierte.

    Wie Matthias Stefke, Spitzenkandidat der BVBB-WG für die Kommunalwahl dazu ergänzt, sollte die Landesregierung von SPD und Linke aber nicht weiter mit immer neuen Tricks versuchen, den BER noch retten zu wollen.
    Stattdessen muss sie endlich den Tatsachen ins Auge sehen. Denn inzwischen mehren sich die Stimmen, die ein Entkernen oder den Neubau des Terminals bis hin zur Aufgabe des Standorts fordern.

    Laut Stefke, der auch Vorsitzender des BVBB e.V. ist, fehlt dem BER am Standort Schönefeld wegen der dichten Besiedlung des Umfelds jede Perspektive zur Weiterentwicklung. Nur in Diktaturen könne man auf Dauer die Gesundheit Zehntausender rücksichtslos für ein Großprojekt opfern.
    Daher ist es nur eine Frage der Zeit, bis der BER endgültig scheitert.
    Nur weil die Potsdamer Koalitionäre Angst haben, als „Deppen der Nation“ dazustehen, halten sie noch krampfhaft am BER fest. Jeder, der bei den anstehenden Wahlen SPD und Linke wähle, müsse deshalb wissen, dass er seine Stimme den Flughafenparteien gibt. Die Hauptverantwortlichen an dem Desaster heißen Stolpe, Platzeck und nun auch Woidke.

    Dem Bürgermeister von Blankenfelde-Mahlow, Ortwin Baier (SPD), wirft Stefke vor, sich lediglich als sozialdemokratisches Feigenblatt des Widerstands gegen den BER zu inszenieren, was ihm offenbar von der Landes-SPD gestattet wird. Tatsächlich aber versuche er mit aus der Gemeindekasse finanzierten Klagen gegen Vorstandsmitglieder des BVBB e.V. systematisch die größte und älteste Bürgerinitiative im Kampf gegen den BER zu schwächen.

    Für die BVBB-Wählergruppe Mitglieder & Sympathisanten (BVBB-WG)
    gez. gez. Matthias Stefke Gerrit Schrader
    Kontakt: Matthias Stefke; Tel./Fax: 03379-200 172; Mobil: 0172/820 91 43

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*