+ + + Hoher Fluglärm am BER wie in Frankfurt am Main geplant + + + Faktencheck Mehdorn + + +

Der Berliner Senat hält trotz der Proteste an Nachtflügen vom neuen Hauptstadtflughafen in Schönefeld (Dahme-Spreewald) fest. „Wir wollen ein internationales Drehkreuz”, hieß es am Mittwoch im Bauausschuss des Abgeordnetenhauses. Das von Mitternacht bis 5 Uhr geplante Flugverbot werde der Senat auch in den Gesprächen mit Brandenburg nicht ausweiten.

Der BER will wie der Flughafen Frankfurt am Main Drehkreuz werden und braucht dafür die Nachtflüge.

Berlin. Er rechne nicht damit, dass sich die Meinung Berlins bis zu einer Landesplanungskonferenz beider Länder am 25. März ändere, sagte Senatskanzleichef Björn Böhning (SPD). Brandenburgs Landesregierung dringt auf ein schärferes Nachtflugverbot.

Anwohner hatten zuvor vor Gesundheitsrisiken gewarnt und ein Flugverbot zwischen 22 Uhr und 6 Uhr gefordert. Sie verwiesen auf Studien, die aus ihrer Sicht belegen, dass speziell nächtlicher Fluglärm krank machen könne. Möglich seien Tinnitus, Hörschäden, Depressionen, Konzentrationsstörungen und Bluthochdruck, sagte der Arzt Hans Behrbohm im Bauausschuss. Anlass war eine Anhörung, die die Friedrichshagener Bürgerinitiative mit einer Volksinitiative erstritten hatte.

Während Abgeordnete der Linkspartei, Piratenpartei und Grünen das Anliegen unterstützten, äußerten sich Vertreter der SPD/CDU-Koalition zurückhaltend. Aus Sicht von Anwohnern sind Nachtflüge auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht nötig. Böhning entgegnete, dem Flughafen entgingen bei einem Verzicht Einnahmen in Höhe von 25 Millionen Euro im Jahr. Flughafen-Betriebsleiter Elmar Kleinert verwies auf ein Gutachten von 2007, wonach jährliche Einbußen von 40 Millionen Euro und der Verlust mehrerer tausend Arbeitsplätze möglich seien.

Wann der Flughafen in Betrieb geht, ist wegen Planungsfehlern, Baumängeln und Technikproblemen nach wie vor unklar. Geschäftsführer Hartmut Mehdorn zeigte sich nach einem Jahr im Amt entschlossen, das Projekt zu Ende zu führen. Auf die Frage nach einem möglichen Rücktritt antwortete der 71-Jährige am Dienstagabend im RBB: „Die Frage überspringen wir, weil das nie stattfindet.” Mehdorn bekannte, dass es noch große Herausforderungen gebe. „Wir müssen da quasi eine völlig neue Entrauchung und Entlüftung einbauen, in einem fertig gebauten Gebäude”, sagte er. „Wir kommen voran, Schritt für Schritt, an vielen Stellen nicht so schnell wie wir das wollen.” Er betonte: „Die Kosten des BER sind nicht explodiert.” Der Flughafen sei heute doppelt so groß wie ursprünglich geplant. Auch die Kosten hatten sich seit Baubeginn verdoppelt.    Quelle:maz-online.de

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Flughafen BER
Faktenzeichen XY
12.03.2014 21:31 Uhr
von Thorsten Metzner und Klaus Kurpjuweit
…Flughafenprobleme ungelöst. Überraschend meldete sich der BER-Chef zu Wort. Mit der Wahrheit nimmt er es aber nicht so genau.

Kein öffentlicher Auftritt von Hartmut Mehdorn, der nicht Aufregung auflöst. So ist es auch jetzt wieder, nachdem der 72-jährige Manager, der vor einem Jahr geholt wurde, um den Flughafen in Schönefeld fertigzustellen, am am Dienstagabend im RBB-Fernsehen aufgetreten war. „Ich stelle mich.“ In der Sendung machte der Flughafenchef klar, dass er, egal, was nach den Pleiten um den abgesagten Nordpier-Testbetrieb und die verschobene Sanierung der Nordbahn noch so passieren mag, nicht aufgeben wird.

„Die Frage überspringen wir! Das wird nicht passieren.“ Mehdorn, der noch nie an mangelndem Selbstbewusstsein litt, bügelte Fragen nach seinen Fehlern und Versäumnissen brüsk ab. „Was ich geschafft habe oder nicht, dass wissen Sie gar nicht.“ Wenn er König von Deutschland wäre, erklärte er, „dann wäre der BER schon fertig.“ Wann er aber fertig wird, wann Flugzeuge starten werden, konnte oder wollte Mehdorn nicht sagen. Dafür provozierte er in gewohnter Art und Weise – und fällt mit einigen Aussagen durch den Tagesspiegel-Faktencheck.

DIE FLUGHAFEN-FINANZEN
„Die Kosten des Flughafens sind nicht explodiert. Der Flughafen, den wir heute bauen, ist doppelt so groß und deshalb doppelt so teuer. Wo ist das Chaos? Wo ist der Skandal.“
Mehdorns Aussage ist nicht haltbar. Der Flughafen war 2009 mit Baukosten von 2,5 Milliarden Euro kalkuliert. Zwar war das Terminal in der Planungsphase tatsächlich schrittweise durch das Anfügen des Nordpiers für Billigfluggesellschaften und des für Air Berlin reservierten Südpier mit neun Fluggastbrücken vergrößert worden.

Doch auf Nachfragen hatte die damalige Geschäftsführung stets behauptet, auch mit dem größeren Bauvolumen bleibe man im Kosten- und auch im Zeitplan. Vor allem aber taugen die Anbauten nicht als Erklärung für die Kostenexplosion. Das Hauptterminal mit der nicht funktionierenden Brandschutzanlage, wo es bislang kaum vorangeht, war damals genauso groß. Er sollte 670 Millionen kosten, am Ende werden es eineinhalb bis zwei Milliarden Euro sein. Inzwischen wurden für den neuen Flughafen bereits insgesamt 4,6 Milliarden Euro aus Eigenmitteln der Flughafengesellschaft der Länder Berlin, Brandenburg und des Bundes, einem Kredit und Kapitalzuschüssen der Eigentümer bereitgestellt. Davon kommen allein 1,2 Milliarden Euro, die die Gesellschafter nach der kurzfristig abgesagten Eröffnung zum 3.Juni 2012 für den Pannenairport nachschossen. Das ist bislang der größte Brocken, mit Vergrößerungen hat das gar nichts zu tun. Die 1,2 Milliarden werden nach Angaben von Flughafen-Finanzgeschäftsführerin Heike Fölster Ende 2014 bis auf 150 Millionen Euro ausgegeben sein. Dann braucht Mehdorn neues Geld – vom Steuerzahler. Richtig ist seine Aussage, dass der Flughafen zu klein wäre, wenn er in seiner jetzigen Form starten würde. Der BER ist derzeit auf die Abfertigung von 27 Millionen Passagieren ausgelegt, mehr ist nicht drin.

Doch für 2016 werden bereits 30 Millionen Passagiere erwartet, 2013 waren es bereits 26 Millionen, die in Tegel oder Schönefeld landeten oder starteten. Nirgendwo sonst in Deutschland steigt die Zahl der Fluggäste so rasant wie an den Berliner Flughäfen, selbst ohne BER. Mehdorn drängt auf nötige Erweiterungen, die Geld kosten werden, das noch gar nicht kalkuliert ist. Für die von Mehdorn jetzt betriebene Weiternutzung des alten Schönefelder Terminals – als dauerhafte zusätzliche Abfertigungshalle für Billigflieger nach BER-Eröffnung – muss der DDR-Bau saniert werden. Kosten: unbekannt. Überhaupt kann Mehdorn dem Aufsichtsrat – obwohl seit Herbst 2013 gefordert – bislang keinerlei valide Zahlen vorlegen, wie teuer der Airport wird. Dafür verspricht er, dass im internationalen Vergleich der BER „am Ende einer der preiswertesten in der Welt sein.“ Tatsächlich gibt es Airports, die über zehn Milliarden Euro gekostet haben. Experten schätzen, dass es am BER am Schluss knapp 5,6 bis sechs Milliarden Euro sein werden.

SCHALLSCHUTZ
„Das wussten wir vorher nicht.“
Hartmut Mehdorn erklärte, dass der Flughafen von den „extremen“ Schallschutzauflagen überrascht wurde, die das Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil im April 2013 bestimmte. Von der Auflage, dass der 55-Dezibel-Gesprächspegel in den Wohnungen kein einziges Mal überschritten werden dürfe, was es nirgendwo in Deutschland und auf der Welt gebe. „Das wussten wir vorher nicht“, sagte Mehdorn. „Erst da hatten wir die Sicherheit, was zu tun ist.“ Diese Darstellung ist so nicht haltbar. Der Schallschutz für die 11 400 Haushalte unmittelbar an den Start- und Landebahnen ist die Geschichte von Tricksereien, ja eines versuchten Betruges durch die Flughafengesellschaft, die wusste, was sie tat.

Den hohen Standard hatte der Flughafen im Planfeststellungsverfahren selbst so beantragt. Der hohe Schutz der Anwohner war ein Kernargument, dass der Flughafen überhaupt so dicht am Stadtrand in dicht besiedelter Gegend errichtet werden durfte. Die Formulierung war von den Behörden und dann vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt worden. Doch in der Praxis verstieß das 2008 unter Mehdorns Vorgänger Rainer Schwarz gestartete Schallschutzprogramm von Beginn an gegen die Auflage, und zwar „systematisch“, wie das OVG rügte. Bewilligt wurden den Anwohnern in den Orten am BER, wo künftig alle zwei Minuten die Maschinen starten und landen, nur Schallschutzfenster mit einem sechsfach schlechteren Standard. Fast ein Jahr nach dem OVG-Urteil hat immer noch kaum ein Haus den vorgeschriebenen Schutz. Der Schallschutz muss aber in den Wohnungen eingebaut sein, ehe der Flughafen ans Netz gehen kann. Mehdorn warnte in der Sendung, dass das Schallschutzproblem „Einfluss auf die Inbetriebnahme haben“ kann. Verantwortlich dafür wäre allerdings die Flughafengesellschaft selbst. Quelle: tagesspiegel.de

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