Dieser Lärmschutz schreit zum Himmel

In 88 Tagen wird der neue Airport in Schönefeld eröffnet. Während Flughafenchef Rainer Schwarz schon jetzt überdurchschnittliches Wachstum und die Bedeutung der Flug-Frequenzerhöhung zum Aufbau eines Drehkreuzes feiert, gucken Tausende Menschen mit Anspruch auf Schallschutz in die Röhre. Denn die zugebilligten Maßnahmen schreien zum Himmel.

Das Musiker-Viertel in Blankenfelde-Mahlow, Sofie-Mereau-Weg Nr. 2, 3 und 4. Etwa 20 Meter sind es von Hauskante zu Hauskante der drei nahezu baugleichen Häuser. Doch zwischen dem Schallschutz, den die Flughafengesellschaft den Eigentümern anbot, liegen Welten.

11  053 Euro billigen die Prüf-Ingenieure der Familie Zentgraf-Gerlach zu. Dafür sollen vier von sieben Fenstern gegen Schallschutzfenster ausgetauscht, das Dach von innen gedämmt und zwei Lüfter eingebaut werden. Frank Schmelter (52) soll 4200 Euro für zwei Lüfter und Dachdämmung erhalten. Guido Karl (39) sind nur 540 Euro für zwei Lüfter zugedacht, genau wie Bernhard Menz (49) um die Ecke. Menz kommt am schlechtesten weg. Denn während den drei Nachbarn der Verlust der Ruhe in ihren Gärten mit je 4000 Euro bezahlt wird, erhält Menz diese Entschädigung nicht. Sein Nachbar im Doppelhaus dagegen bekommt die 4000 Euro.

 

„Diese Unterschiede versteht kein Mensch. Hier wird billig gerechnet“, empört sich Frank Schmelter. Die 4200 Euro habe er erst nach Widerspruch zugesprochen bekommen. „Das erste Angebot lag bei 1700 Euro.“

Jüngst erst hatte Landeschef und Flughafen-Aufsichtsrat Matthias Platzeck (SPD) angemahnt, beim Schallschutz großzügig und nicht „beckmesserisch“ zu sein. Dazu Bernhard Metz: „Was soll ich noch glauben? Die äußern sich je nach Wetterlage. Mein Vertrauen in die Politik ist restlos weg.“

Dass Sigrid Zentgraf-Gerlach weit mehr Schallschutz zugestanden wird, kann sie sich nur so erklären: „Vielleicht will man uns besänftigen. Denn mein Mann hat gegen die Planfeststellung und den Nachtflug geklagt, ist jetzt bei der Beschwerde vorm Bundesverfassungsgericht dabei.“

Weder sie noch ihre Nachbarn unterschrieben das Schallschutz-Angebot. Damit zählen sie zur Mehrheit der Betroffenen. Denn laut Flughafen sind 13 000 Angebote rausgegangen, aber nur 4000 Haushalte erklärten sich bislang einverstanden. Mit einer neuen Schallschutz-Auslegung könnte es für sie noch schlimmer kommen.

Rechtsanwalt Frank Boermann (vertritt rund 1500 Flughafen-Anrainer) fürchtet, dass der Schallschutz ausgehebelt werden könnte. Statt nur einmal – wie es in der Planfeststellung steht – [DAS IST FALSCH, IM PFB STEHT KEINE ÜBERSCHREITUNG! C. Dorn] will Flughafenchef Rainer Schwarz, dass der Maximalwert von 55 Dezibel in Innenräumen sechsmal am Tag überschritten werden darf, ohne dass lärmmindernde Einbauten notwendig sind. Erreichen will Schwarz das mit einem „Klarstellungs-Antrag“ zur Schallschutz-Auslegung. Dahinter verbirgt sich nach Auffassung Boermanns nichts anderes als eine Änderung des Planfeststellungsbeschlusses entgegen höchstrichterlicher Urteile. Von der Flughafengesellschaft war gestern keine Stellungnahme zu erhalten.

Quelle: Berliner Kurier Freitag, 09. März 2012 Von Marion Klemp

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