+ + + Politisches Handeln notwendig + + +

9.5.2023:“..der Sachverständigenrat für Umweltfragen appelliert an die Bundesregierung, umweltfreundliches Verhalten auch einzufordern. Im Flugverkehr beispielsweise reichten neue Technologien nicht mehr aus, um die Treibhausgasemissionen schnellstmöglich zu reduzieren, heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten Sondergutachten des Sachverständigenrates für Umweltfragen (SRU).

Daher sind politische Maßnahmen erforderlich, die die Nachfrage nach Flugreisen senken.

Quelle: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/umweltpolitik-klimafreundliche-alternativen-anreiz-umweltfreundlich-100.html

Gutachten:

Auszug:

Vielen Dank an Christine Dorn. Mit einer Leseempfehlung und den wichtigen Passagen hat sie das vom Sachverständigenrat für Umweltfragen vorgestellte Sondergutachten „Politik in der Pflicht: Umweltfreundliches Verhalten erleichtern“

Flugreisen werden in dem Sondergutachten häufig als besonders bedeutsames Beispiel genannt.

Hier ein paar Textstellen daraus, die zum Lesen und Weiterempfehlen anregen sollen:

Wann erfolgreiche Umweltpolitik umweltrelevantes Verhalten in den Blick nehmen sollte

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Wenn die Zeit drängt: Je stärker gravierende Umweltschäden zutage treten und je mehr die Zeit für deren
Beseitigung drängt, desto eher ist es erforderlich, das gesamte Spektrum der möglichen Lösungen zu nutzen.
Das schließt auch Verhaltensänderungen ein, falls diese einen substanziellen Beitrag zur Bewältigung
leisten können. Beispielsweise kann dies für planetare Belastungsgrenzen gelten, die bereits überschritten

sind oder deren Überschreitung droht. So ist es beispielsweise unbestritten, dass die Treibhausgas-

emissionen schnell reduziert werden müssen, um die Klimaziele einzuhalten. In manchen Bereichen, so

etwa im Flugverkehr, genügen vorhandene technologische Lösungen (Umstieg auf synthetische Kraftstoffe

sowie Effizienzgewinne) angesichts des kurzen Zeitfensters zur Erreichung der Klimaziele nicht, insbeson-
dere da die Branche derzeit weiterhin wächst und die absoluten Emissionen steigen. Daher sind politische
Maßnahmen erforderlich, die die Nachfrage nach Flugreisen senken.


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Bisher jedoch erschweren politische Rahmenbedingungen
umweltfreundliches Verhalten häufig. Dies gilt etwa für die Gestaltung von Subventionen und Steuern,
wie die Steuerbefreiung von Kerosin im Flugverkehr, für bestehende Verkehrsinfrastrukturen, wie das
ÖPNV Angebot, oder für Speiseangebote in öffentlichen Kantinen. Diese Rahmenbedingungen sind oft
inkohärent zu anderen Maßnahmen und umweltpolitischen Zielen. Dadurch verschenkt der Staat Mö-
glichkeiten, den Bürger:innen Orientierung zu geben, und vermittelt damit umweltschädliches Verhalten
auch als soziale Norm. Menschen, die sich umweltfreundlich verhalten wollen, können demotiviert
werden, wenn ihnen politisch gesetzte Rahmenbedingungen im Weg stehen.

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Instrumente, die die Konsumseite
und damit das Verhalten Einzelner adressieren, können dagegen bereits kurz und mittelfristig wirken.
Konkret ist dies zum Beispiel für die Emissionen im Flugverkehr relevant. Zwar sind Effizienzgewinne und
der Einsatz synthetischer Kraftstoffe essenziell für die Dekarbonisierung der Luftfahrt, doch dies wird nicht
ausreichen, um die Emissionen zur Erreichung der Klimaziele schnell genug zu reduzieren. Daher ist es
zusätzlich erforderlich, die wachsende Nachfrage nach Flugreisen einzudämmen
 (SHARMINA et al. 2021).

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Es lassen sich drei ver-
schiedene Strategien unterscheiden, durch die auf der Verbrauchsseite negative Umwelteffekte reduziert
werden können: Vermeiden (avoid oder reduce), Verlagern (shift) und Verbessern (improve). Bezogen auf
Treibhausgasemissionen liegt das größte Potenzial zur verbrauchsseitigen Vermeidung im Verkehr (besonders
bei Langstreckenflügen), in der Verlagerung zu einer pflanzenbasierten Ernährung und in Verbesserungen
bei der Gebäudeenergieeffizienz (CREUTZIG et al. 2022b, S. 3; MEYER und LORD 2021, S. 6). Verhaltens
änderungen sind in einigen Bereichen notwendig. Ob und in welchem Ausmaß es dazu kommt, ist aber stark                                                                                                                        von den politisch gesetzten Rahmenbedingungen für dieses Verhalten abhängig.

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49. Auch innerhalb Deutschlands lässt sich feststellen, dass der ökologische Fußabdruck umso größer aus
fällt, je höher das Einkommen ist (GROß et al. 2022, S. 23 f.; Abb. 2 2). Die Ursachen für die Unterschiede
liegen auch hier vor allem bei der Mobilität (Auto und Flugverkehr) sowie dem sonstigen Konsum (u. a.
Bekleidung, Haushaltsgeräte, Freizeit) (GROß et al. 2022, S. 16). Dieser Zusammenhang ist nicht nur für
die Wirksamkeit von verhaltensadressierenden Instrumenten (Kap 3.3), sondern auch für die Akzeptanz von
entsprechenden Maßnahmen (Kap 4.1) von Bedeutung.
50. Die Menschen in Deutschland tragen im globalen Maßstab pro Kopf vergleichsweise viel zur Schädigung
der Umwelt bei und müssen ihren Ressourcenverbrauch insgesamt reduzieren. Da die Ressourcenbean-
spruchung innerhalb der Gesellschaft jedoch einkommensabhängig stark variiert, sollten wohlhabendere

Menschen mit überdurchschnittlichem oder sogar hohem ökologischem Fußabdruck in besonderem Maße                                                                                                                             zur Reduzierung umweltschädigender Verhaltensweisen herangezogen werden.

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145. WYNES und NICHOLAS (2017) fordern, dass Bildungsprogramme und Lehrbücher nicht auf klein-
teilige und einfach umzusetzende, aber wenig wirkungsvolle Maßnahmen fokussieren, sondern eher
hochwirksame Maßnahmen benennen sollten (z. B. Vorschläge zur Verringerung des Fleischkonsums oder
Vermeidung von Flugreisen und nicht Vorschläge, weniger Plastiktüten zu nutzen). Ansonsten könnte der
Eindruck entstehen, dass Umweltprobleme sich durch kleine Anpassungen lösen ließen. Aktuelle Studien
bestätigen, dass die meisten Menschen nicht wissen, mit welchen Verhaltensänderungen sie einen besonders
großen Effekt erzielen würden (pollytix 2021, S. 19).

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Neuere Forschung zeigt, dass Politiker:innen die Akzeptanz von Maßnahmen in der Bevöl-
kerung im Allgemeinen und unter ihren Wähler:innen im Besonderen in der Praxis nicht besonders zutref-
fend einschätzen (WALGRAVE et al. 2022). In der ländervergleichenden Studie, die unter anderem die Haltung
der Bevölkerung und spezifischer Wählergruppen zu Fahrverboten in stark von Luftverschmutzung betroffe-
nen Städten und zu einer hohen Besteuerung von Flugreisen erhob, erwiesen sich deutsche Politiker:innen sogar
als besonders treffunsicher.

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viele umweltfreundliche
Verhaltensweisen bringen auch individuelle Vorteile mit sich. Beispielsweise sorgt energiesparendes Verhalten
auch für finanzielle Einsparungen. Es darf jedoch nicht aus dem Blick geraten, dass materiell wohlhabendere
Menschen insgesamt deutlich größere Umweltschäden verursachen als ärmere Menschen. Daher kann eine
Verhaltensänderung der wohlhabenden Menschen auch besonders viel zur Reduktion negativer Umweltbelas-
tungen beitragen, wenn beispielsweise Flugreisen reduziert werden. Überdies sollten Personen mit höherem
Einkommen oder Vermögen hierzulande in besonderem Maße für die Finanzierung der erforderlichen Maßnah
men aufkommen. Die Pandemie und die Energiekrise haben Haushalte mit niedrigen Einkommen besonders
belastet und auch in der Breite der Bevölkerung finanzielle Spielräume reduziert. Daher ist es umso wichtiger,
dass Haushalte mit kleinen Einkommen durch Umwelt und Klimaschutzmaßnahmen nicht noch stärker belas
tet werden (NIELSEN et al. 2021b)

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