Die Anti-Korruptionsorganisation Transparency Deutschland beendet die Zusammenarbeit mit dem BER. Das teilte der Verein am Dienstag mit. Die Flughafengesellschaft zeigte sich „über den Schritt von Transparency verwundert“.
Schattenwirtschaft. Ein Arbeiter steht im März 2015 auf einer Baustelle im Terminalgebäude des neuen Hauptstadtflughafens, im Hintergrund ist der Tower zu sehen.
Nach immer neuen Korruptionsaffären auf der Baustelle für den neuen Hauptstadtflughafen BER in Schönefeld zieht sich die Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland aus dem Projekt zurück und erhebt zugleich schwere Vorwürfe gegen die Flughafengesellschaft.
Transparency-Vorstand Gisela Rüß sagte dem Tagesspiegel am Dienstag, die Zusammenarbeit mache in der jetzigen Situation und in der Lage, wie der Flughafen aufgestellt sei, keinen Sinn mehr. Das Problem Korruption werde am BER nicht ausreichend ernst genommen, die Flughafengesellschaft tue zu wenig dagegen auf der Baustelle.
„Das ist nicht viel passiert“, sagte sie. Eine Reihe von Korruptionsfällen seit Anfang 2013 und der Umgang damit hätten die Wirksamkeit der Zusammenarbeit zunehmend infrage gestellt. Der Flughafen habe bei weitem nicht alle Instrumente gegen Korruption genutzt.
Zudem beklagte sie den schon vor der geplatzten Eröffnung 2012 herrschenden Druck der auf der Flughafengesellschaft laste, „in absehbarer Zeit einen funktionstüchtigen Flughafen eröffnen zu müssen“. Mit diesem Druck „fällt die Sorgfalt“, die Flughafengesellschaft habe andere Prioritäten gesetzt. Die Probleme am BER könnten auch mit den Wechseln in der Führungsspitze zusammenhängen, weil diese auch einen weiteren Personalaustausch nach sich gezogen hätten. „Die Kommunikation stimmt einfach nicht“, sagte Rüß.
Bereits 2013 habe ihre Organisation die Flughafengesellschaft auf Probleme hingewiesen und gemahnt, bei Ausschreibungen vorsichtiger zu agieren und eine Dokumentationspflicht einzuführen. Der Vorschlag von Transparency, eine externe Firma mit der Vergabeprüfung zu beauftragen, sei nicht aufgenommen worden. „Wir haben nur vorsichtig gewarnt, dass es gefährlich werden könnte“, sagte Rüß. „Heute weiß ich, dass fast zeitgleich ein anonymes Schreiben beim Flughafen mit Vorwürfen gegen Imtech eingegangen ist.“
Kooperation mit Transparency hat Fälle nicht verhindert
Der Imtech-Fall begann, als beim Flughafen am 11. Juni 2013 ein anonymes Schreiben mit einem Hinweis auf Bestechung des Baubereichsleiters Francis G. einging. Der Baumanager soll Ende 2012 rund 200.000 Euro von Imtech als Schmiergeld kassiert haben und im Gegenzug Zahlungen in Höhe von 65 Millionen Euro an den Konzern und an die Arbeitsgemeinschaft von Imtech und die Gebäudetechnik-Firma Caverion veranlasst haben – für Nachträge im Rahmen bestehender Verträge, ohne dass der Flughafen die Rechnungen prüfte. Gegen G. ermittelt die Staatsanwaltschaft Neuruppin seit Dezember 2014 auf Bestechlichkeit im besonders schweren Fall.
In diesem Fall wie auch in der Schmiergeld-Affäre um den damaligen Technikchef Jochen Großmann 2014 betonte der Flughafen, gegen die kriminelle Energie Einzelner machtlos zu sein. Auch den Vorwurf der Untätigkeit wies der BER zurück. In der Tat hat die Kooperation mit Transparency die Fälle nicht verhindert.
Rüß kritisierte nun, sie habe damals auf Fälle hingewiesen, „in denen es nicht korrekt lief, wo aber keine Korruption nachzuweisen sei, sei aber erst kurz vor den ersten Presseberichten über die Imtech-Affäre vom Flughafen informiert worden. Das sei kein Zeichen einer vertrauensvollen Zusammenarbeit. „Da lief etwas schief, aber der Flughafen sagte uns nicht Bescheid“, so Rüß. Auch von Großmann habe sie aus der Zeitung erfahren.
Die Flughafengesellschaft zeigte sich „über den Schritt von Transparency verwundert“. Sie habe „ihr Compliance-System in den vergangenen Jahren deutlich verstärkt“, sagte ein Sprecher. „Wir hätten erwartet, dass sich Transparency mit uns vor einer solchen Entscheidung in Verbindung setzt.“