Trotz Nachtflugverbots: 120 Prozent mehr Starts und Landungen in Tegel zwischen 0 und 6 Uhr.

Zahl der Flüge nach Mitternacht steigt drastisch, Luftfahrtbehörde lässt Ausnahmen zu.

Die Anwohner rund um den Flughafen Tegel fühlen sich nicht nur gestört, sondern sehen auch ihre Gesundheit gefährdet: Seit 2011 ist die Zahl der Starts und der Landungen während des Nachtflugverbots zwischen null und sechs Uhr um 120 Prozent gestiegen.

Das hat eine Auswertung der Daten des interaktiven Flugrouten-Radars der Berliner Morgenpost ergeben, der im Internet unter www.morgenpost.de/flugrouten erreichbar ist.
Eigentlich dürfen in Tegel zwischen 23 und sechs Uhr gar keine Flugzeuge starten und landen. Doch davon gibt es inzwischen zahlreiche Ausnahmen: So dürfen etwa verspätete Passagierflieger noch bis null Uhr auf dem Airportgelände aufsetzen. Von Mitternacht an haben nur noch Rettungs-, Militär- und Postmaschinen eine Flugerlaubnis. Genau in diesem Zeitraum, also zwischen null und sechs Uhr, nimmt die Zahl der Flüge aber immer weiter zu. Im vergangenen Jahr gab es in diesem Zeitraum mindestens 641 Flugbewegungen. Das sind rund 14 Prozent mehr als 2012, als 562 Flüge gezählt wurden, und 120 Prozent mehr als 2011. Hier waren es 291 Flüge, die zwischen null und sechs Uhr starteten oder landeten.

Grund für die drastische Zunahme ist laut Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt als zuständige Luftfahrtbehörde vor allem die wachsende Zahl der Postflüge. Diese wurden erst im Laufe des Jahres 2012 von Schönefeld nach Tegel verlagert. In Schönefeld haben die Nachtflüge deshalb im selben Zeitraum stark abgenommen. Und das, obwohl in Schönefeld gar kein Nachtflugverbot herrscht.

Schon lange kritisieren Anwohner etwa in Spandau, Reinickendorf und Pankow die zahlreichen Ausnahmen des Nachtflugverbots. Erst im Dezember hatte der Reinickendorfer SPD-Abgeordnete Jörg Stroedter gefordert, dass Postflüge wieder nach Schönefeld verlagert werden sollen, da logistisch nichts dafür spreche, die Flüge in Tegel abzuwickeln. Außerdem solle dafür gesorgt werden, möglichst viele Fluglinien zum Umzug nach Schönefeld zu bewegen – beispielsweise indem man den Kunden dort die Landegebühren erlasse. Flughafensprecher Lars Wagner hält dies jedoch für problematisch: „Die Airlines entscheiden eigenständig, wo sie starten und landen möchten.“

Zudem sind mehr Flüge am frühen Morgen unterwegs, wie Daten des Flugrouten-Radars zeigen. Etwa Lufthansa-Flug DLH647 aus Kasachstan setzte am 14. Oktober 2012 bereits um 5.37 Uhr und damit 23 Minuten zu früh in Tegel auf. Aus der Luftfahrtbehörde hieß es dazu, man sehe dies als „geringes Übel“. Ein weiteres Anflugverfahren würde schließlich mehr Lärm verursachen.

Auch landen Passagiermaschinen gelegentlich trotz Verbots nach Mitternacht. Zum Beispiel der Germanwings-Flug GWI3PJ aus Genf am 12. Dezember 2013. Der Airbus landete um 0.15 Uhr, die geplante Ankunftszeit war 22.15 Uhr. Die Luftfahrtbehörde begründet dies mit einer „Extremwetterlage“ wegen Nebels in dieser Nacht. Zur „Vermeidung erheblicher Störungen im Luftverkehr“ könnten solche Ausnahmen zugelassen werden. „Das Problem wird bagatellisiert“, findet dagegen Rolf-Roland Bley von der Tegeler Fluglärmschutzkommission. Für Aufregung und Besorgnis unter Anwohnern hatten auch nächtliche Tiefflüge eines Spezialflugzeugs Mitte März gesorgt. Ein mit besonderer Infrarot-Aufnahmetechnik ausgestattetes Flugzeug war im Auftrag des Energieversorgers Vattenfall stundenlang in rund 1000 Metern Höhe über der Stadt gekreist.

Wie lange Tegel noch in Betrieb sein wird, ist unklar. Hartmut Mehdorn, Chef des Hauptstadtflughafens BER, kündigte zuletzt an, dass Tegel sechs Monate nach Eröffnung des BER geschlossen werde. Allerdings existiert für den neuen Airport noch kein Eröffnungsdatum.

Von Julius Tröger  Quelle: www.morgenpost.de

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