+ + + Viel Lärm, kein Schutz + + +

Schönefeld (MOZ) Seit Anfang Mai sind am Flughafen BER 4000 Anwohner mit deutlich mehr Lärm konfrontiert. Grund ist die Inbetriebnahme der neuen Südbahn. Den gesetzlich vorgeschriebenen Lärmschutz haben die wenigsten. Die Liste der Vorwürfe an Flughafengesellschaft (FBB) und Landesregierung ist lang.

Eberhard Müller (M.) aus Waltersdorf wird vom Fluglärm geplagt.
Auf der Uhr in Eberhard Müllers Garage ist es immer drei Minuten nach zwölf. Und so fühlt er sich auch: „Manchmal denke ich, es ist besser, ich hänge mich auf.“ Aber der 71 Jahre alte frühere Bahningenieur ist ein Kämpfer, er gibt nicht auf, sondern erzählt stellvertretend für die Nachbarn in der Waltersdorfer Lilienthal-Siedlung seine Geschichte.

Sie beginnt 1996, als er das Baugrundstück kauft. „Hier passiert nichts“, habe man ihm auf Fragen zu dem eines Tages zu erwartenden Fluglärm geantwortet. Inzwischen wissen es alle besser. Wo er wohnt, zwei Kilometer vom Flughafen weg und 150 Meter unter den landenden Jets, darf nicht mehr neu gesiedelt werden. Eberhard Müller hat Bestandsschutz, will aber nur weg. „Es ist so laut, ich komme abends bis 23.30 Uhr nicht zur Ruhe“, erzählt er.

Ein vom Aufwand her vertretbarer Lärmschutz lässt sich laut FBB nicht umsetzen. Mindestens 110 000 Euro würde das kosten. In solchen Fällen bietet der Flughafen eine Entschädigung von 30 Prozent des Verkehrswerts an. Mit dem Geld könnte sich Müller eine andere Bleibe suchen. Aber für die in seinem Fall 72 000 Euro bekommt er nichts, er fordert den vollen Verkehrswert, sieht sich als Opfer von Fehlplanungen.
Die FBB bleibt auf Nachfrage hart: Die Siedlung gehöre gemäß Planfeststellungsbeschluss nicht zum Umsiedlungsgebiet, sagt ein Sprecher. Müller hält dagegen: „Wenn das, was in dem Beschluss steht, ganz offensichtlich falsch ist, muss man doch etwas machen können.“

Axel Vogel von den Grünen im Landtag, sieht die Lösung in einer Härtefallregelung, die das Parlament beschließen müsste. Seine Fraktion hatte in dieser Woche zum Besuch einiger Lärmbetroffener eingeladen. „Stünde das Haus von Herrn Müller am Flughafen Leipzig, bekäme er die 100 Prozent Entschädigung“, sagt er. „In Brandenburg sind die Regeln bislang leider lockerer, zum Leidwesen der Betroffenen.“

Laut Vogel laufe es bei jeder dritten Kostenermittlung für Lärmschutz am BER darauf hinaus, dass die Flughafengesellschaft jene 30 Prozent des Verkehrswerts an Entschädigung zahlt und sich damit aus dem Schneider wähnt. „Hier werden Menschen in großem Ausmaß über den Tisch gezogen, also letztendlich enteignet“, ist der Bündnisgrüne überzeugt.

Szenenwechsel: In Eichwalde, ein paar Kilometer weiter weg vom Flughafen, ist es leiser als in Waltersdorf. Aber das Grundstück von Birgit Klunk liegt noch im Schutzgebiet. Schallschutz hat sie nicht, so wie 96 Prozent der Berechtigten an der Südbahn.
Das Haus habe große Fenster, ganz schwierig, hätten die Gutachter vom Flughafen ihr erklärt. Angeboten habe man dann gegen ihren Willen lediglich eine Innendämmung, bei der quasi eine Wand vor die Wand gesetzt wird. Mit dem Ergebnis, dass Treppe und Einbauküche nicht mehr passen. Da für Ersatz der Flughafen aufkommen muss, wäre auch hier der bauliche Lärmschutz so teuer gewesen, dass der Flughafen lieber jene 30 Prozent zahlen will.

„Es ist unendlich bitter, jetzt genieße ich jeden Abend den Lärm“, sagt Birgit Klunk mit einem Anflug von Zynismus. Der Flughafengesellschaft hält sie vor: „Es gibt keine fachliche Betreuung. Ich fühle mich allein gelassen.“ Dass ausschließlich Innendämmung angeboten werde, sei zudem unzumutbar.

Ein häufiger Konflikt rund um den BER. Eckard Bock, als Schallschutzexperte Vertreter vieler Anwohner, hält dem Flughafen vor, keine Prüfberichte über die Wirkung der Innendämmung vorlegen zu können und sich gleichzeitig nicht um eine Zertifizierung von Möglichkeiten zur Außendämmung zu bemühen.

Ein Flughafensprecher reicht die Verantwortung für die Konflikte auf Nachfrage an die Baufirmen weiter: „Die FBB ist nicht für Umsetzung von Schallschutzmaßnahmen verantwortlich, sondern für die Kostenübernahme gemäß Anspruchsermittlung.“ Axel Vogel prangert an, dass das Land diese Haltung dulde. „Die Landesregierung ermutigt so die FBB, die Ansprüche der Lärmbetroffenen herunterzudrücken.“

Quelle: http://www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/1402606

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Eine Antwort auf + + + Viel Lärm, kein Schutz + + +

  1. Sabrina Fiedler sagt:

    Guten Tag.
    Ich bin Anwohnerin in Waltersdorf. Ich wohne zur Miete in der Berliner Straße. Seit Mai geht dieser Fluglärm schon und es wird von Tag zu Tag immer belastender. Ich habe mich schon viel belesen ob es eine Entschädigung für die Anwohner gibt. Leider ohne Erfolg. Letztes Jahr war eine Dame bei uns zu Hause um die Fester zu vermessen. Die Information, weshalb das notwendig sei, hat sie uns vorenthalten. Und plötzlich im Mai morgens 5 Uhr standen wir im Bett da wir dachten es passiert ein Unglück. Dass jedoch ein Flugzeug landet wussten wir nicht. Und seit diesem Tag ist jede Nacht eine Qual. Zumal sich an die Flugzeit nicht gehalten wird und die Flugzeuge teilweise auch um 2 Uhr Nachts über unser Haus donnern. Also wer mal die Piloten grüßen will mit einem ,,Winke-Winke,, kann gerne zu uns kommen. Es macht uns einfach wütend, ohne jegliche Vorwarnung plötzlich mit so etwas konfrontiert zu werden und die Gründe aus der Presse erfahren zu müssen. Wann ich das letzte Mal durchgeschlafen habe? Das weiß ich nicht. Ich weiß nur dass ich jeden morgen wach werde mit Kopfschmerzen, auf Arbeit nur noch 75 % geben kann und jetzt gerne eine Entschädigung haben möchte. Aber woran kann man sich wenden? Das wird natürlich nicht preis gegeben.

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