+ + + Eingereichter Bauantrag von Mehdron nicht bearbeitungs- und prüfwürdig + + +

Verantwortlicher für die Genehmigung des Bauantrags, Landrat S. Loge, spricht mit der Mäkischen Oderzeitung.

MOZ vom 30.August 2013

„Wir sind das Zünglein an der Waage“

 

 

Frankfurt (Oder) (MOZ) Ohne die Unterschrift von Dahme-Spreewald-Landrat Stephan Loge (SPD) kann der Flughafen in Schönefeld nicht in Betrieb gehen. Jetzt liegen die Anträge der BER-Geschäftsführung zur Teileröffnung des Airports auf seinem Tisch. Mit dem Landrat sprach Andreas Wendt über das Projekt.

  Landrat Stephan Loge (SPD), Dahme-Spreewald in seinem Büro in Lübben © MOZ

Herr Loge, Sie begleiten seit zwölf Jahren den Flughafenneubau in Schönefeld. Verfluchen Sie bereits, als Genehmigungsbehörde für den BER zuständig zu sein?

Man hängt ja von Anfang in dem ganzen Projekt mit allem Für und Wider. Grundsätzlich sind wir positiv eingestellt und ich gehe davon aus, dass das alles irgendwann einmal erlebbar wird.

Sie sagen: Das wird irgendwann einmal erlebbar. Aber Baugenehmigungen gelten nicht für die Ewigkeit…

Mir liegen als Bauordnungsbehörde seit 2008 die Baugenehmigung für das Pier Nord und seit 2009 die für das Hauptterminal und das Pier Süd vor. Es ist wichtig, dass die irgendwann mal realisiert werden müssen, sonst laufen sie aus. Die für das Pier Nord würde am 19. Februar 2015 auslaufen – da ist nicht mehr viel Zeit, wenn man weiß, wie viele Mängel noch zu beseitigen sind.

Ganz konkret haben Sie jetzt die Bauanträge von BER-Chef Hartmut Mehdorn für eine Teileröffnung seit Anfang der Woche auf dem Tisch. Wie realistisch ist dieser Plan?

Es wäre schon ganz gut, wenn der gesamte Flughafen in seiner Komplexität in die Fertigstellung geht, weil Mosaiksteine, die man sich aus diesen fertigen Komplexen herausnimmt, den Grundzustand verändern.

Sie haben Herrn Mehdorn deutlich gemacht, dass Sie Gegner einer Teileröffnung sind. Warum?

Ich habe als Behörde dem Bauherrn nicht reinzureden. Meine Aufgabe ist es aber auch, die zeitlichen Abfolgen und rechtlichen Grundlagen zu erläutern, um mir nicht nachher vorwerfen zu lassen, es wäre meine Pflicht gewesen, aus meinem Dienstverhältnis heraus, auch mal zu warnen und hinzuweisen.

Wenn wir schon bei der Eröffnung des Piers Nord eklatante Probleme haben, dann ist es eigentlich gut, wenn wir – entgegen dem ehemaligen Konzept – das schrittweise machen und nicht über Nacht versuchen, alles von Tegel nach Schönefeld zu schaffen. Dieser Argumentation kann ich mich neuerdings nicht mehr entziehen. Anfangs war ich unheimlich begeistert von dem gigantischen Projekt des Umziehens über Nacht, aber vielleicht ist es doch richtig, den Flughafen schrittweise scharf zu schalten.

Wie realistisch ist eine Teileröffnung Anfang 2014?

Das ist schon ehrgeizig, hätte der alte Technik-Geschäftsführer Körtgen gesagt. Wenn der Bauantrag so schnell wie möglich in eine qualifizierte Form gebracht wird…

Ist er das nicht?

Nein, der ist noch nicht bearbeitungs- und prüfwürdig.

Also ist auch die Teileröffnung ein Luftschloss?

Wenn das Pier Nord nach der Baugenehmigung von 2008 in den nächsten drei, vier Monaten fertig gestellt wird, dann würde ich dem Konzept zumindest bei den zeitlichen Abläufen folgen können. Inwiefern das sinnvoll ist, für ein Jahr etwas umzubauen, zu nutzen und ein Jahr später wieder abzureißen, um den Urzustand wieder herzustellen, die Bewertung überlasse ich dem Bauherren und dem Aufsichtsrat.

Was wäre denn, wenn die 2008 erteilte Baugenehmigung im Februar 2015 ausläuft?

Rein theoretisch müsste man eine neue stellen. Eine Verlängerung gibt es nicht. Aber die Fertigstellung des Nordpiers, ob nun mit der neuen Umnutzung oder nicht, die ist auf alle Fälle bis 2015 zu schaffen. Die anderen beiden gelten noch bis 2016, also fast eineinhalb Jahre länger, da mache ich mir keine Sorgen. Das soll natürlich nicht heißen, dass Stephan Loge sagt, BER macht 2016 auf.

Welche Auflagen wären an eine Teileröffnung gebunden?

Am Montag ist der Bauantrag eingegangen. Dann gibt es einen Eingangsstempel und die Bauordnungsbehörde hat 14 Tage Zeit, die Unterlagen zu sichten und innerhalb von 14 Tagen eine Eingangsbestätigung zu formulieren. Darin steht meist, was noch gebraucht wird und nachgereicht werden muss. Wenn das vollständig ist, beginnt rein formell erst die Prüfung des Bauantrages. Wir wollen aber schon im Parallelverfahren prüfen. Die Träger öffentlicher Belange bekommen diese Unterlagen, um innerhalb von zwei Monaten dazu Stellung zu nehmen. Wir sind mit unserer grünen Unterschrift die letzten im Bunde. Allein mit der Umnutzung beschäftigen sich zehn Träger öffentlicher Belange. Aus ihren Stellungnahmen resultieren letztlich auch die Auflagen für den BER. Wir sind natürlich auch des Brandschutzes wegen mit das Zünglein an der Waage.

Ihre Experten genehmigen sonst Garagen, Einfamilienhäuser, vielleicht auch mal einen Bürokomplex – sind sie einem so komplizierten Projekt wie dem Flughafen überhaupt gewachsen?

Diese Frage wird mir oft gestellt, nicht nur von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer. Das Personal, das sich damit beschäftigt, hat schon solch große Riesenvorhaben wie die Cargolifter-Halle, die spätere Umnutzung der Halle zu Tropical Islands oder den Bau des A10-Centers bewältigt. Tropical Islands ist ein laufender Prozess.

Stoßen bei all dieser Komplexität nicht selbst Ihre Experten an die Grenzen ihres technischen Verständnisses?

Nein. Es kommt gar nicht auf die Dimension des Bauvorhabens an, meine Mitarbeiter müssen sich immer aktuell weiterbilden und sind wirklich sehr lebens- und berufserfahren. Der Stab besteht in ruhigen Zeiten aus drei Leuten und kann temporär auf bis zu 30 Leute aufgestockt werden. Ich habe erst jetzt wieder dem Team neues Personal zur Seite gestellt, obwohl Sie auf dem Arbeitsmarkt gar nicht so einfach einen Brandschutzingenieur finden.

Hat sich Ihr Verhältnis zur Geschäftsführung verbessert? Von den gekündigten Herren Schwarz und Körtgen wurden Sie ja hinters Licht geführt.

Bei Schwarz und Körtgen eskalierte es erst zum Schluss, als mir bewusst wurde, dass sie mich jämmerlich belogen haben. Körtgen war für mich die absolute Vertrauensperson, weil er den Flughafen Düsseldorf in der Sanierung nach dem Brand mit 17 Toten geleitet hat und genau wusste, was Brandschutz ist und was passieren kann, wenn man ihn vernachlässigt. Noch am 5. Mai 2012 hat er mir am Telefon gesagt: „Herr Loge, warum fragen Sie? Das ist ein anspruchsvolles Ziel, und wir schaffen das!‘ Da hat aber jeder von uns schon geahnt, dass das nicht zu schaffen ist.

Was haben Sie für eine Lehre daraus gezogen?

Vorsichtig sein, nur noch aufpassen.

Das gilt auch für den neuen Geschäftsführer Mehdorn, der ja gern mal mit dem Kopf durch die Wand geht?

Ich kann ihm nur mit aller Offenheit sagen, was aus rein rechtlicher oder organisatorischer Sicht möglich ist.

Wurden oder werden Sie politisch unter Druck gesetzt?

Matthias Platzeck hat weder als Ministerpräsident noch als Aufsichtsratsmitglied Einfluss auf unsere Entscheidungen genommen, obwohl sein Bauministerium die oberste Fachbehörde ist.

Sie ahnten, dass der Termin nicht zu halten sein würde. Was sich tatsächlich an Unvollendetem hinter der BER-Fassade versteckte, war für Sie eine Überraschung?

Ich wusste nicht, dass unter den Deckenplatten Tausende Meter Leitungen falsch verlegt sind – 66 000 Mängel haben wir jetzt noch zu resümieren. Ich weiß von Mitarbeitern, dass der Aufsichtsrat während der Baustellenbesichtigungen organisiert über Flure geführt wurde, die einen fertigen Eindruck machen. Ich kenne so etwas ja noch aus DDR-Zeiten.

Quelle: http://www.moz.de/nachrichten/brandenburg/artikel-ansicht/dg/0/1/1193003/

 

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