Chronik einer Fluglärmbeschwerde

1. Akt: Die Beschwerde

(Individueller Beschwerdetext):

Flugzeug war extrem laut und fuehrte zu erheblicher Belaestigung. Abgesehen von dem Laerm und den sonstigen Emissionen:

Wie unverschaemt tief duerfen Flugzeuge ueber dicht besiedelte Gebiete einer bzw. nahe der Hauptstadt fliegen? War dies nicht eine Militaermaschine? Duerfen diese hier ueberhaupt anfliegen? Sind wir schon im wilden Westen? Wie wird die Bevoelkerung geschuetzt?

Ich erwarte, dass endlich die betroffene Bevoelkerung einen Lastenausgleich jaehrlich erhaelt. Einen Lastenausgleich, der es erlaubt, ein neues EFH in ebensolcher Landschaft, mitebensolcher Ausstattung und Groesse zu finanzieren! Wir wollen hier nicht dem Abschuss freigegeben werden oder unsere Gesundheit durch diese Skrupellosigkeit verlieren! Schicken Sie diese Laermbeschwerde an die Verantwortlichen der Politik und Wirtschaft, denn  Sie werden ja jede Verantwortung von sich weisen!

Elke Schulze

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2. Akt: Die Reaktion

Blankenfelde-Mahlow, den 09.08.2011

Sehr geehrte Frau Schulze,

nach Prüfung der übersandten Emailbeschwerde zum Flugverkehr in Berlin-Schönefeld am  23. Juli 2011 kann ich Ihnen folgendes mitteilen:

Das von Ihnen beanstandete Luftfahrzeug befand sich auf einem Instrumentenlandeanflug zum Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld.  Im Ergebnis der von der Deutschen Flugsicherung GmbH und dem Umweltbüro des Flughafenbetreibers hierzu vorgenommenen Überprüfungen sind mir keine Verstöße luftrechtlicher Bestimmungen bekanntgegeben worden.  Insofern sehe ich hier keinen Ansatz, im Falle dieser Beschwerde weiter für Sie tätig zu werden.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag des Fluglärmschutzbeauftragten
für den Verkehrsflughafen Berlin – Schönefeld
Michael Thomsen
—————————————————————
Neue Adressdaten bitte beachten:
Arnold-Böcklin-Straße 14
15831 Mahlow
Tel:   03379-3683023
Fax:  03379-3683021
E-Mail: Fluglaermschutzbeauftragter-BBI@Teltow-Flaeming.de
Homepage: www.teltow-flaeming.de

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3. Akt: Unverständnis

Sehr geehrter Herr Thomsen,

ich habe für Sie vollstes Verständnis: bei derartig vielen Lärmbeschwerden können Sie und Ihre Mitarbeiter nichts weiter tun, als am laufenden Band ein und dieselbe Antwort zu kopieren.

Wenn der Schlachter sich selbst kontrolliert, haben wir bald keine Rinder mehr… oder: wes Brot ich ess`, des Lied ich sing`.

Ich stelle fest: dies war eine Militär-Transportmaschine mit einer Anflughöhe über 12589 Berlin-Hessenwinkel von unter 500 m!

Richten Sie sich ein, dass dieser Flughafen niemals so in Betrieb gehen wird, wie die Betreiber – und das ist Wirtschaft und Politik im Verbund – wir nannten das Staatsmonopolismus – sich das vorstellen. Der Protest von hunderttausenden Anwohner steckt noch in den Anfängen, rings um uns brennt schon die Welt und hierzulande fühlt sich unsere „Elite“ (nach neoliberalem Sprachgebrauch) noch auf der Insel der Glückseeligen oder man kann sich´s einfach nicht mehr leisten, denn  über deren Köpfe kreist auch schon der Pleitegeier.

Ich wünsche Ihnen eine gute „Bruch“-Landung!

Stellen Sie sich vor, es ist Revolution und alle gehen hin!

Morgen wird man keine Politik mehr über die Köpfe der Menschen hinweg machen können und endlich  wieder zur parlamentarischen Demokratie (Volksherrschaft) zurückkehren.

Bis bald!

Elke Schulze

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4. Akt: Mitmachen!

Es ist wichtig, dass möglichst viele Fluglärmbeschwerden gemacht werden, auch wenn diese (wie das Beispiel zeigt) keinen direkten Erfolg versprechen. Sie gehen doch in die Statistik ein und zeigen, dass es Widerstand gibt.  Also: Je mehr, desto besser.

Und wie das funktioniert, können Sie unter mitmachen nachlesen hier…

 

 

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4 Antworten auf Chronik einer Fluglärmbeschwerde

  1. Lydia sagt:

    Liebe Frau Schulze,

    ich denke wie Sie (großartiger 3. Akt, und hoffe, dass es wirklich so kommt, ich spüre seit 20 Jahren das erste Mal auch wieder revolutionären Geist in mir – nach langer Politikabstinenz – wenn das man kein Zeichen ist!) – und hatte auch schon intensiven Kontakt mit Herrn Thomsen (der insofern auch bei mir keinen Ansatz sah, im Falle dieser Beschwerde weiter für mich tätig zu werden)… und mir zudem weis machen wollte, dass er die Daten von der dfld.de-Seite hätte… Dabei gab es da zu diesem Zeitpunkt noch gar keine Messstation in Friedrichshagen. Aber nun haben wir eine ;-)! Das hat er nun davon!

    Viele Grüße
    Lydia

  2. Dr.-Ing. Szepek, Bernhard sagt:

    Nicht von schlechten Eltern, liebe Mitstreiterin Frau Elke Schulze. Habe mich gestern und heute endlich aufgerafft, und auf Grundlage der Hessenwinkeler Station 1 elektronische Fluglärmbeschwerden abgeschickt. Werde das beibehalten. Mir geht der Lärm von Maschinen im Landeanflug <1000 m Flughöhe richtig auf den Geist: oft sehr unangenehmes Frequenzspektrum. Ursache für diese psychische Belastung: Habe am 13. Februar 1945 als Grundschüler das Bombardement auf meine Heimatstadt Dresden im Bombenkeller meines Elternhauses in Dresden-Briesnitz erlebt. Unweit fielen die ersten Bomben im Anflugskeil 5 km zum Stadtzentrum. Es wurde die Constantia, ein Ausgluglokal an der Grenze zum benachbarten Vorort Cotta stark zerstört (heute Theater der Jungen Generation). Es gab auf diesem Grundstück zahlreiche Tote. Da stört mich verständlicherweise nicht nur der Lärm (gesichert ist die Aussage Fluglärm macht krank). Absturzrisiko und Wahrscheinlichkeit des Not-Kerosinablassens von 7mal jährlich irritieren mich auch 67 Jahre danach sehr.

  3. Mike sagt:

    Auch ich habe dieses Standart-Schreiben von Thomsen bekommen. Eine Frechheit! Die nehmen einen somit nicht Ernst und kopieren Antworttexte, Auweia. Ich mache eine Dienstaufsichtsbeschwerde.

  4. Manfred sagt:

    Bezüglich Herrn Michael Thomsen dürfen sie keinesfalls davon ausgehen, daß er seinem Titel („Fluglärmbeauftragter“) entsprechend handeln wird. Dazu ist er auch in anderer Hinsicht viel zu sehr in diversen Netzwerken verwoben. So muss er z.B. auch in seiner Funktion als geschäftsführender Vizepräsident des Luftfahrtverband Berlin e.V. Interessen waren, wo dann auch dessen Präsident Herr Engelhardt mit in das Spiel kommt. In diesem Verband und weiteren Interessengruppen vernetzen sich Berufspiloten, Luftfahrtfirmen und Politik. Von dort erhält der Luftfahrtverband Berlin auch finanzielle Förderungen und Spenden. Direkt vom BER offenbar auch nicht zu knapp – aktuell soll es wohl ein Flugsimulator werden, der dem Luftfahrtverband Berlin vom BER finanziert wird. Auf diese Weise hat dieser Verband unglaubliche Rücklagen angehäuft und darüber finanzieren sich die Funktionäre. Da geht es auch um Machtspielchen und viel Geld. Berliner Luftsportvereine versuchten auch schon gegen das Machtgehabe der Funktionäre des Luftfahrtverband Berlin zu klagen. Herr Thomsen kann also überhaupt kein Interesse daran haben, das die Hand (Hände) welche ihn mehrfach füttern offenbar oder kritisiert werden. So wird er also auch nicht gegen die Interessen des BER aggieren. Betrachten sie ihn deshalb eher in einer Makulaturfunktion. Er wird sich gegenüber den Anliegen der BER Anlieger und Fluglärmbetroffenen niemals aufgeschlossen zeigen. Sollten sie die Möglichkeiten haben, hinterfragen und graben sie tiefer oder lassen sie das mal wirklich interessierte Journalisten tun – dann wird ihnen die Tragweite der BER Interessennetzwerke sicher bald deutlich.

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